Formica rufa – die (Große) Rote Waldameise

Steckbrief

Familie: Formicidae (Ameisen)

Unterfamilie: Formicinae (Schuppenameisen)

Tribus: Formicini

Gattung: Formica Linnaeus, 1758

Untergattung: Formica s. str.

Art: Formica rufa Linnaeus, 1758; auch 1761

Deutscher Name: Rote Waldameise, manchmal Große Rote Waldameise

Natürliches Habitat: Misch- und Nadelwälder, besonders an deren Rändern. Schattige Waldabschnitte werden gemieden

Verbreitung: Von Iberien bis zum Baikalsee verbreitet und kommt darüber hinaus auch in Kleinasien sowie im Kaukasus vor. In Europa reicht das Verbreitungsgebiet ca. von 40 Grad bis zu 63,5 Grad nördlicher Breite.

Königinnen: Sozialparasitische Gründung bei Serviformica-Arten, vorzugsweise bei Formica fusca. Bildung von Nestablegern und Adoption von Jungköniginnen

Kolonien: monogyn oder polygyn

Arbeiterinnenunterkasten: monomorph, aber deutliche Größenunterschiede. Arbeiterinnen monogyner Nester sind größer als jene von polygynen Nestern

Nahrung: Insekten, Spinnentiere, Artropoden etc., Honigtau (Trophobiose), süße Pflanzensäfte, Aas

Schwärmzeit: Ende April bis Anfang Juli

Aussehen/Färbung: Augen unbehaart. Hinterhaupt ganz ohne abstehende Haare. Kopfunterseite weißt deutlich lange Haare auf, meist min. 10. Pronotum mit min. 30 Borsten. Schwarze Flecken auf Pro- und Mesonotum deutlich, verschieden groß, aber undeutlich umgrenzt. Schuppe seitlich behaart. Stirn und Hinterhaupt schwarz. Wangen und Kopfschild rotbräunlich. Länge: 4-9 mm. Es kommt zur Hybridisierung zwischen Formica rufa und Formica polyctena, daher teils gemischte Merkmale.

Puppen: Kokonpuppen

Körpergröße: Arbeiterinnen: 4 – 9 mm, Königin: bis zu 11 mm

Koloniegröße: bis ca. 100.000 Individuen

Nest: Hügelnester, die mehrere Meter Durchmesser erreichen können. Die Ameisen können das Mikroklima ihrer Behausung beeinflussen. Den Kern bildet oft ein alter Holzstrunk.

Schutzstatus: Diese Art ist gem. § 42 BNatSchG unter besonderen Schutz gestellt

Wenn du es lieber genau wissen willst:

Die auch als „Rote Waldameisen“ bezeichneten Formica rufa gehören zu den am häufigsten anzutreffenden Formica s. str. (echte Waldameisen). Sie besiedeln sowohl Laubwälder, Nadelwälder, als auch Mischwaldbestände. Im Gegensatz zu Formica polyctena bevorzugen sie dabei aber sonnige Standorte und meiden sehr schattige Teile des Waldes. Daher findet man sie häufig an Waldrändern. Dennoch bauen sie stattliche Nesthügel.

Formica rufa können zwar große Kolonieverbünde mit einer Vielzahl an miteinander verbundenen Nestern bilden. Dennoch kommen bei ihnen monogyne Kolonien – also mit nur einer Königin – sowie Einzelnester deutlich häufiger vor. Diese dienen – wie bei allen Waldameisen – zur Wärmesteuerung. Sie sollen im Inneren stringente Temperaturen zur Brutentwicklung bieten. Je schattiger der Standort, desto eher findet man sehr üppige Nesthügel, die die Umgebungswärme und Sonnenstrahlen effektiv aufnehmen und speichern können. Formica rufa findet man des weiteren sogar in Ackerland oder Parks. Grund hierfür ist, dass die Jungköniginnen oft über weitere Strecken fliegen und weit abseits ihrer Heimatkolonie selbstständig und sozialparasitär gründen.

Formica rufa befinden sich in der deutschen Rote-Liste-Kategorie
„Ungefährdet“.

Aktueller Bestand:
häufig

Langfristiger Bestandstrend:
mäßiger Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend:
Abnahme im Ausmaß unbekannt

Vorherige Rote-Liste-Kategorie:
Vorwarnliste

Rote Liste Zentrum

Leider kommt es dadurch auch zu Konflikten – nicht selten finden sich diese Tiere in Siedlungsnähe wieder. Aber auch durch Waldwirtschaft (Entzug des Lebensraums, teils auch Zerstörung der Nester durch Waldarbeiten), Klimaerwärmung und den allgemeinen Schwund an Insekten (und damit der Nahrungsgrundlage) können selbst große Bestände binnen weniger Jahre massiv einschrumpfen. Bei Kartierungen stellen Ehrenamtliche von den Ameisenschutzwarten häufig fest, dass auch große Nesthügel komplett aufgegeben wurden und die Bestände eher schrumpfen. Die Arbeit von Jahrzehnten wird also zugunsten des Überlebens der Kolonie aufgegeben, Völker verbinden sich und ziehen zusammen auf engeren Raum.

Wie erkennt man Formica rufa?

Die Anzahl an Nestern ist bei Formica rufa ein erster Indikator, da laut einer Studie 81% aller Nester in Deutschland monogyn sind. Ein Einzelnest an einem sonnigen Standort kann lediglich ein kleiner Hinweis sein, dass es sich um Formica rufa handeln könnte. Die monogynen Nester werden im Normalfall nicht größer als um die 120.000 Arbeiterinnen.

Wie bei allen Waldameisen ist eine Bestimmung durchaus herausfordernd. Formica rufa hat unbehaarte Augen, der Hinterkopf hat keine abstehenden Haare. Stirn und Hinterkopf sind schwarz, der Rest des Kopfes rotbräunlich. Die Kopfunterseite hat mindestens 10 deutlich lange Haare. Schon das vordere Rückenstück (Pronotum) hat min. 30 Borsten. Die schwarzen Flecken am Rücken sind deutlich zu sehen. Sie können verschieden groß ausfallen, sind aber eher undeutlich umgrenzt. Die Schuppe ist an den Seiten behaart.

Interessant zu wissen: Es kommt zwischen Formica polyctena und Formica rufa zu Hybriden, was zu verwirrenden Mischformen in Bezug auf Anzahl der Haare, sowie Färbung führen kann. Es gibt sogar ernsthafte Zweifel daran, dass es sich überhaupt um zwei verschiedene Spezies handelt. Momentan werden beide aber als separate Arten geführt.

Die Königinnen und Männchen werden 9-11mm groß, Arbeiterinnen zwischen 4 und 9 mm.

Lebensweise

Die Schwarmflüge finden zwischen Mai und Juni, also etwas später als die von Formica polyctena statt. Der Vorgang selbst weicht nicht von dem anderer Waldameisen ab. Doch müssen die Jungköniginnen nach der Begattung eine folgenschwere Entscheidung treffen – entweder lassen sie sich von einer bestehenden Kolonie adoptieren. Dabei kann es sich um die eigene Kolonie, oder sogar um eine Fremdkolonie handeln. Die Jungköniginnen werden in diesem Zeitraum im Normalfall sang- und klanglos akzeptiert bzw. bei Fremdkolonien nach kurzen, nur wenig heftigen Attacken. Oft wird diese Entscheidung der Gründerin abgenommen. Denn landet die Jungkönigin nach dem teils chaotisch anmutenden Treiben in der Luft nahe der eigenen Heimatkolonie, ist die Vorgehensweise recht simpel – man findet schnell ein Zuhause in der alten Heimat. Und wenn eine fremde Kolonie eine starke Präsenz hat, ist eine Adoption in deren Gefilde ebenfalls beinahe vorprogrammiert.

Doch nicht alle Jungköniginnen finden sich nach der Landung so nah an ihren alten oder bestehenden Kolonien wieder. Formica rufa neigen dazu, weit ab von ihrer Ursprungskolonie zu landen. Die Königin dringt in diesem Fall in ein Nest der Grauschwarzen Sklavenameise Formica fusca (seltener Formica cunicularia) ein, tötet dort die eigentliche Königin oder die Königinnen und positioniert sich in der artfremden Kolonie als neue Königin. Dies erfolgt durch die massive Abgabe an Pheromonen, die für die Arbeiterinnen attraktiv und aggressionshemmend wirken.

Selbstredend ist dieser Vorgang sehr gefährlich und die wenigsten Jungköniginnen schaffen es, in ein bestehendes Formica fusca Nest einzudringen und am Ende auch zu überleben. Zwar werden junge Kolonien oft präferiert, doch auch eine kleine Anzahl an Arbeiterinnen kann eine Jungkönigin leicht töten. Sie verhält sich beim Eindringen in die Kolonie nach Möglichkeit äußerst defensiv gegenüber den Arbeiterinnen und versucht, Kämpfen eher auszuweichen. Dennoch sieht sie sich zahlreichen, teils heftigen Attacken der Arbeiterinnen ausgeliefert. Bis sie der durchaus ebenfalls wehrhaften und körperlich gleichwertigen Königin bzw. sogar den Königinnen gegenübersteht, die sie beseitigen muss, vergeht so einige Zeit. Mit etwas Glück kann aber eine Gründung auf diesem Wege erfolgen – und nach wenigen Wochen schlüpfen die ersten eigenen Arbeiterinnen, die zunehmen die Wirtskolonie verdrängen.

Später erfolgt die Gründung der Ableger solch einer sozialparasitären Kolonie: Nach den ersten Schwarmflügen der eigenen Jungköniginnen-Töchter bilden sich gern auch weitere Nester in der unmittelbaren Umgebung. Der Grundstock für die zu Anfang genannten Kolonieverbünde ist gelegt.

Warum wir Formica rufa schützen

Gerade weil sie auch an für Waldameisen eher untypischen Orten vorkommen, können Konflikte mit Menschen aufkommen. Denn große Mengen an aggressiven Arbeiterinnen in der Nähe von Siedlungsgebäuden und Einrichtungen sind nicht gern gesehen.

Gleichzeitig aber ist der Wert von Formica rufa für ihre Umgebung und für die Wälder unschätzbar – sie jagen unzählige Insekten, die teils als Schädlinge gelten. Daneben verwerten sie Aas und Kadaver, was Krankheitserreger zurückhält. Vögel, v.a. Spechte, können sich an ihren Nestern bedienen – diese nutzen Ameisensäure zur Gefiederpflege, sowie die Ameisen und deren Brut als Futter. Darüber hinaus kümmern sich Formica rufa um Blatt- und Rindenläuse, die den für viele andere Insekten so wichtigen Honigtau produzieren. Dieser wird auch von Bienen zur Herstellung von Waldhonig genutzt. Der Boden um die Nester herum wird durch Grabeaktivitäten aufgelockert, was Pflanzen und Pilzen ein leichteres Wurzelwachstum ermöglicht. Zu guter Letzt sind viele sogenannte Ameisengäste auf die Nester als Kinderstube oder Herberge angewiesen.

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