Formica pratensis – die Große Wiesenameise

Steckbrief

Familie: Formicidae (Ameisen)

Unterfamilie: Formicinae (Schuppenameisen)

Tribus: Formicini

Gattung: Formica Linnaeus, 1758

Untergattung: Formica sensu stricto Linnaeus, 1758

Art: Formica pratensis Retzius, 1783

Deutscher Name: Große Wiesenameise

Verbreitung: Eurasien; bis ca. 2400m Höhe in den Alpen

Königinnen: sozialparasitische Gründung bei Serviformica, v.a. Formica cunicularia, seltener bei Formica rufibarbis, monogyn oder polygyn

Kolonien: polygyn und monogyn

Arbeiterinnenunterkasten: monomorph, aber deutliche Größenunterschiede

Nahrung: Insekten, Spinnentiere, Artropoden etc., Honigtau (Trophobiose), süße Pflanzensäfte, Aas

Schwärmzeit: April bis Juli und von Mitte August bis Ende September

Aussehen/Färbung: Augen deutlich behaart. Hinterhaupt mit einem Kranz abstehender Haare. Kopfunterseite mit einer Anzahl abstehender Haare. Kopfvorderfläche matter als bei Formica rufa und Formica lugubris. Mikroskulptur ist stärker ausgeprägt. Mesosoma dicht abstehend behaart. schwarze Flecken auf Pro- und Mesonotum tiefschwarz und zumeist deutlich umgrenzt. Schuppe reichlich behaart. Länge: ca. 3 – 9mm

Puppen: Kokonpuppen

Körpergröße: Arbeiterinnen: 3 – 9 mm, Männchen: ca. 9, Königinnen ca. 11mm

Koloniegröße: sehr volkreiche Art, polydome Koloniesysteme, von denen eine Kolonie bis zu 3.000.000 Individuen haben kann. Die größte uns bekannte Kolonie hat ca. 70 Einzelnester [Anm. Websitebetreiber]

Nest: flache Hügelbauten, Erdnester ohne Baumstrunk als Basis

Schutzstatus: Diese Art ist gem. § 42 BNatSchG unter besonderen Schutz gestellt

Wenn du es lieber genau wissen willst:

Die auch als „Große Wiesenameise“ oder „Wiesen-Waldameise“ bezeichneten Formica pratensis fallen im Vergleich mit anderen Waldameisen etwas aus dem Raster. Sie besiedeln, wie der Name schon sagt, gerne gut besonnte, offene Flächen. Das beinhaltet Trockenrasen, trockene Heiden, Wiesenhänge, gerne auch nahe Baumgruppen oder Büschen oder an Waldrändern. Ihre Nester sind oft eher flach und relativ klein, können teils aber auch mehrere Quadratmeter Fläche aufweisen. Denn die Nesthügel dienen – wie bei allen Waldameisen – zur Wärmesteuerung. Sie sollen im Inneren stringente Temperaturen zur Brutentwicklung bieten. Bei offenen, sonnigen Flächen werden aber keine üppigen Hügelnester benötigt, wie es bei anderen Waldameisen der Fall ist. Die Nestkuppeln bestehen meist aus zerkleinerten Gräsern, kleinen Aststückchen, Koniferennadeln, meist vermischt mit Erdmaterial.

Formica pratensis befinden sich in der deutschen Rote-Liste-Kategorie
„Vorwarnliste“.

Aktueller Bestand:
mäßig häufig

Langfristiger Bestandstrend:
mäßiger Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend:
starke Abnahme

Vorherige Rote-Liste-Kategorie
Vorwarnliste

Rote Liste Zentrum

Die große Masse an Formica pratensis Kolonien ist monogyn, hat also nur eine Königin. Entsprechend wird auch nur ein Nest gebaut. Dieses beherbergt im Normalfall bis zu mehrere 10.000 Arbeiterinnen.

Es gibt aber durchaus Standorte, die eine große Anzahl an Nester aufweisen. Mehrere dutzend, selten sogar hunderte Nester auf einer Fläche kommen vor. Die in diesem Fall meist zu Kolonien verbundenen Völker haben dabei eine Vielzahl an Königinnen, denn Formica pratensis kann auch polygyn sein. Formica pratensis hat dadurch einen massiven Standort – und Wettbewerbsvorteil – und großen Einfluss auf ihre Umgebung. Solche Nestansammlungen kommen allerdings lt. Beobachtungen nur in Gegenden vor, in denen Formica pratensis wenig Konkurrenz hat.

Leider sind die Nester von Formica pratensis durch ihre exponierte Lage besonders bedroht. Durch landwirtschaftliche Nutzung (Entzug des Lebensraums), regelmäßige Mahd (teils Zerstörung der Nester durch die Mäharbeiten), Klimaerwärmung und den allgemeinen Schwund an Insekten (und damit der Nahrungsgrundlage) können selbst große Bestände binnen weniger Jahre massiv einschrumpfen. Bei Kartierungen stellen Ehrenamtliche von den Ameisenschutzwarten häufig fest, dass auch bei großen Kolonien zahlreiche Nester komplett aufgegeben wurden und die Bestände eher schrumpfen. Die Arbeit von Jahrzehnten wird also zugunsten des Überlebens der Kolonie aufgegeben. Völker verbinden sich und ziehen zusammen auf engeren Raum.

Wie erkennt man Formica pratensis?

Beobachtet man Waldameisen auf offener Fläche und entdeckt ein Nest wie oben geschildert, so ist dies ein erster Indikator, welche Waldameisenart man hier vor sich hat.

Wie bei allen Waldameisen ist eine genaue Bestimmung dann aber durchaus herausfordernd. Formica pratensis hat einen auf der Oberseite sichtlich behaarten Kopf. Die Kopfvorderfläche ist matter als bei Formica rufa und Formica lugubris. Deutlich abstehende Haare findet man auch auf den Augen (es können auch nur wenige, kurze Härchen sein). Der Rücken ist ebenfalls dich und abstehend behaart. Auf dem Rücken findet man tief schwarze und meist deutlich umgrenzte Flecken. Auch die Schuppe weißt reichlich Haare auf. Die Gaster ist durchgehend schwarz und ebenfalls sichtlich behaart.

Die Königinnen und Männchen werden 9-11mm groß, Arbeiterinnen zwischen 3 und 9 mm.

Lebensweise

Tatsächlich gibt es bei Formica pratensis zwei Schwarmflüge, den ersten zwischen Ende April und MMitte Juni, den zweiten zwischen Mitte August und Ende September. Der Vorgang selbst weicht vermutlich nicht von dem anderer Waldameisen ab. Eine anschließende Adoption ist möglich, doch öfter gründen die Jungköniginnen eine eigene Kolonie.

Hierfür sind sie auf Sklavenameisen angewiesen. Meist gründen sie sozialparasitär bei Formica cunicularia, seltener bei Formica cinerea oder Formica clara.

Selbstredend ist dieser Vorgang sehr gefährlich und die wenigsten Jungköniginnen schaffen es, in ein bestehendes Nest einzudringen und am Ende auch zu überleben. Teilweise packen sie eine lebende Arbeiterin der Wirtsart und tragen diese in den Mandibeln vor sich her – so übertünchen sie ihren eigenen Körperduft ein wenig und sorgen für Verwirrung. Die Jungköniginnen verhalten sich beim Eindringen in die fremde Kolonie nach Möglichkeit äußerst defensiv gegenüber den verteidigenden Arbeiterinnen und versuchen, Kämpfen eher auszuweichen. Dabei wehren sie Angriffe mit ihren Vorderbeinen ab. Dennoch sehen sie sich zahlreichen, teils heftigen Attacken der Arbeiterinnen ausgeliefert. Mit etwas Glück kann aber nach Beseitigung der eigentlichen Königin (seltener Königinnen) eine Gründung auf diesem Wege erfolgen. Nach wenigen Wochen schlüpfen die ersten eigenen Arbeiterinnen, die zunehmen die Wirtskolonie verdrängen.

Wie beschrieben können sich in den Folgejahren auch Zweignester bilden und somit Nestverbünde mit mehreren polygynen Formica pratensis Völkern.

Warum wir Formica pratensis schützen

Gerade die Lebensart dieser Tiere führt im dicht bebauten und bewirtschafteten Deutschland zu einer Verdrängung.

Gleichzeitig aber ist der Wert von Formica pratensis für ihre Umgebung unschätzbar – sie jagen unzählige Insekten, die teils als Schädlinge gelten. Daneben verwerten sie Aas und Kadaver, was Krankheitserreger zurückhält. Vögel, v.a. Spechte, können sich an ihren Nestern bedienen – diese nutzen Ameisensäure zur Gefiederpflege, sowie die Ameisen und deren Brut als Futter. Darüber hinaus kümmern sich Formica pratensis um Blatt- und Rindenläuse, die den für viele andere Insekten so wichtigen Honigtau produzieren. Der Boden um die Nester herum wird durch Grabeaktivitäten aufgelockert, was Pflanzen und Pilzen ein leichteres Wurzelwachstum ermöglicht. Zu guter Letzt sind viele sogenannte Ameisengäste auf die Nester als Kinderstube oder Herberge angewiesen.

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