Über Ameisen

Generelle Infos über Ameisen (Stand 2023)

Noch eine Demoseite.

14,109

Ameisenarten

 346 

Gattungen

38

Stämme

16

Unterfamilien

Wow, so viele!

Natürlich sind diese Zahlen immer nur Momentaufnahmen. Die Wissenschaft ist immer im Fluss. Neue Arten werden entdeckt, manch bekannte auch irgendwann zusammengefasst. Auch bei den Waldameisen gibt es zum Beispiel die offene Frage, ob Formica rufa und Formica polyctena in Wirklichkeit nicht eine Art sind, da sie sich miteinander problemlos verkreuzen können.

Doch die schiere Zahl – und es ist anzunehmen, dass weitaus mehr Arten existieren – zeigt, wie vielfältig Ameisen eigentlich sind. Es gibt eben nicht nur „rote und schwarze Ameisen“. Allein in Deutschland sind – Stand 2020 – 118 Arten bekannt. Und jede dieser Arten hat eine ganz eigene, teils sehr spezialisierte Lebensweise. Diese Vielfalt macht Ameisen aus – und dass sie überall auf der Welt, außer in der Arktis,

Was sind Ameisen?

Die Frage mag erstmal kurios erscheinen. Ameisen sind eben Ameisen! Aber es lohnt sich, einen Blick auf die Entwicklung von Ameisen über dutzende Millionen von Jahren zu werfen, um zu verstehen, warum sie so sind, wie sie sind und um ein tieferes Verständnis für diese Lebensform zu erwerben.

Fangen wir ganz früh an, nämlich vor unvorstellbar langen 145 Mio. bis 66 Mio. Jahren in der Kreidezeit, als noch Dinosaurier auf der Erde wandelten und Säugetiere erst langsam damit anfingen, aus deren Schatten zu treten. Schon von damals sind uns aus Fossilienfunden, neben vielen anderen Insekten, auch Ameisen bzw. deren Vorläufer bekannt. Die ältesten davon sind etwa 100 Millionen Jahre alt, wobei das Alter der Ameisen auf durchaus eher 130-140 Millionen Jahre geschätzt wird. Während dem modernen Menschen anatomisch zuzuordnende Fossilien auf durchaus respektable ca. 315.000 Jahre kommen, leben Ameisen also schon etwas länger auf diesem Planeten. Und sie haben sich in dieser Zeit durchaus sehr erfolgreich geschlagen und in sehr verschiedene, teils äußerst spezielle Richtungen entwickelt.

Die Gründe für diesen Erfolg sind vor allem in der Zusammenarbeit und der Unterordnung des Individuums innerhalb der Kolonie zu finden – man nennt das Altruismus. Das einzelne Tier lebt also ausschließlich für den Erhalt und das Wohl der gesamten Gemeinschaft. Das führt so weit, dass sich der Großteil der Koloniemitglieder niemals selbst fortpflanzen wird – was eigentlich im biologischen Sinne der Lebenszweck eines Lebewesens ist. Ameisen haben diese Lebensweise nicht nur mehr und mehr perfektioniert (wenngleich es einige noch sehr urtümlich lebende Arten gibt), sondern konnten sich somit auch über fast die gesamte Landmasse des Planeten verbreiten. Lediglich im ewigen Eis kommen sie nicht vor und natürlich auch nicht in Gewässern lebend – durchaus aber in sehr kalten Regionen Sibiriens und tauchende Ameisen gibt es ebenfalls.

Formica sp. Arbeiterinnen. Quelle: Erik Karits, Unsplash.com

Man nimmt dabei an, dass Ameisen eigentlich von bestimmten Wespen abstammen und noch heute kann man die Verwandtschaft zu Wespen, Hornissen, Bienen und Hummeln, allesamt sogenannte Hautflügler (Hymenoptera) kaum übersehen. Dabei werden Ameisen (Formicidae) als Familie innerhalb der Insekten direkt in die Überfamilie der Faltenwespen (Vespoidea), einer Unterfamilie der Taillenwespen (Apocrita) eingeordnet. Wie so oft in der Wissenschaft, ist diese Einordnung aber nicht unumstößlich, denn es gibt durchaus Erkenntnisse, die darauf hinweisen, dass Ameisen einer eigenen Überfamilie zugehörig sind, die man Formicoidea nennt – sie somit also nicht mehr den Faltenwespen zugeordnet werden sollten. Irgendwann hat sich der Stammbaum also deutlich aufgetrennt in Wespen und Ameisen, sowie all die anderen Hautflügler. Da man noch nicht allzu lange Ameisen genetisch untersucht und somit Verwandtschaftsverhältnisse sicher festschreiben kann, ist anzunehmen, dass sich in dem Bereich in den kommenden Jahren und Jahrzenten noch etwas tun dürfte. Unumstößlich ist aber eines: Beinahe sämtliche heutigen Ameisenformen sind eusozial, was bedeutet, dass sie Staaten bilden. Das geht bis hin zu so genannten Superkolonien, in denen eine Vielzahl unterschiedlicher Völker wie eine einzige Kolonie auftritt.

Gehen wir aber nochmal zurück in die Kreidezeit, zu den Vorläufern der Ameisen. Zwar ist die Geschichte noch nicht abschließend geklärt, doch gibt es einige Hinweise, dass diese Wespen eigentlich Einzelgänger waren. Heute kennt man das z.B. noch von diversen Schlupfwespen. Mit der Zeit fingen die Tiere wohl an, gemeinsame Nistplätze zu benutzen, was ihnen Sicherheit gab. Aber jeder hatte noch für sich ein Abteil und kümmerte sich nicht um die Anderen. Später entstanden daraus gemeinsame Nester. Noch später wurde auch die Brut der anderen Tiere mit versorgt. All diese Zwischenformen kann man auch heute noch an diversen Hautflüglern beobachten, z.B. bei manchen Wildbienenarten.

Schrittweise und über wirklich lange Zeiträume entwickelten sich daraus echte Kolonien. Anfangs dürften einzelne Tiere sich gegen die anderen durchgesetzt und die Eiablage für sich beansprucht haben. Auch das kennt man heute noch von diversen Urameisen, bei denen es keine echte Königin, sondern eine sogenannte Ergatomorphe bzw. Ergatogyne gibt, deren Eierstöcke im Gegensatz zu den anderen Arbeiterinnen weit entwickelt sind. Äußerlich sind diese Arbeiterinnen von den anderen nicht oder kaum zu unterscheiden. Kurioserweise gibt es das sogar bei Säugetieren, nämlich bei den Nacktmullen. Im letzten Schritt änderte sich die Körperform dieser Eier legenden Arbeiterinnen zu dem, was wir heute als Gyne bzw. Königin kennen: Ein meist weitaus größeres, nach dem Schlupf noch geflügeltes Tier, das mit voll ausgebildeten Eierstöcken ganz allein oder mit anderen Königinnen für die

Eiproduktion verantwortlich ist. Die Arbeiterinnen sind hingegen unfruchtbar und können sich auch nach Ableben der Königin(nen) bis auf wenige Ausnahmen nicht fortpflanzen.

Wie leben Ameisen?

Ameisen sind uns in mancher Hinsicht ähnlicher, als wir denken. Sie stellen auf unserem Planeten eine Art Supermacht dar und formen dessen Oberfläche auf eine Art und Weise, wie kaum ein anderes Lebewesen.

Sie scheinen erstmal weder sonderlich intelligent, noch zu größeren Leistungen fähig zu sein – auf den ersten Blick! Beides muss wohl relativiert werden. Wir Menschen messen gerne andere Tiere an uns und sehen uns als „Krone der Schöpfung“. Mag sein, dass dies sogar seine Berechtigung hat, denn in Bezug auf die Entwicklungen und die kulturellen Errungenschaften, die der Mensch hervorgebracht hat, gibt es in der irdischen Tierwelt in diesem Umfang wohl nichts Vergleichbares. Dennoch muss die Leistung der Ameisen, verglichen mit dem, was der Menschen als die „Krone der Schöpfung“ hervorgebracht hat, im Hinblick auf ihre mangelnde Intelligenz sehr hoch bewertet werden. Eine einzelne Ameise ist wahrlich recht dumm und nicht überlebensfähig. Jedoch leben Ameisen in Staatenverbunden und zusammengeschlossen potenziert sich ihre Leistungsfähigkeit enorm. Ihre Gesellschaft beruht auf einem ständigen Geben und Nehmen – keiner kommt zu kurz (von Notzeiten einmal abgesehen). Zusammen sind sie in der Lage, gewaltige Gang- und Kammersysteme zu graben, bei manchen Arten sogar mit eingebauter Klimaanlage. Sie halten sich Nutztiere, wie der Mensch sein Vieh und beschützten diese vor Fressfeinden. Bei den Ameisen sind dies verschiedenste Lausarten, die „gemolken“ werden, um an den süßen Honigtau heranzukommen. Einige Arten züchten Pilze, die sie mit selbstgeschnittenen Blättern düngen, von denen sie sich dann ernähren. Andere wiederum lagern Unmengen von Körnern in ihren Nestern ein, die verschiedene Feuchtigkeitszonen aufweisen müssen, weil einerseits die Brut Feuchtigkeit braucht, andererseits die Körner aber bei zu viel Nässe verderben oder keimen. Aus jenen Körnern stellen die Ameisen dann später das s.g. „Ameisenbrot“ her.

Camponotus vagus bei der Aufnahme von Wasser. Quelle: Shanon Potter, Unsplash.com

Wer sich näher mit der Thematik Ameise beschäftigt, bekommt einen faszinierenden Einblick in eine kleine Welt, die unserer teilweise ähnelt, sich größtenteils aber völlig von unserer unterscheidet. Während der Mensch evolutionstechnisch gesehen noch sehr jung ist, besiedelt die Ameise schon seit Jahrmillionen die Erde – ein Erfolgsmodell, das den Menschen wohl überleben wird. Wenn Ameisen intelligenter wären und von reinem Instinktverhalten auf eine bewusst handelnde Ebene aufsteigen würden, dann stünden sie dem Menschen vermutlich in nichts nach.

Anders jedoch als der Mensch, lebt die Ameise in Einklang mit ihrer natürlichen Umgebung. Im Gegensatz zu uns verpestet und schädigt sie ihre Umwelt nicht, sondern stellt im Gegenteil dazu sogar einen wichtigen Verwerter organischen Materials dar – ein Umweltfaktor, der nicht zu unterschätzen ist. Sie belüften die Böden und tragen organisches Material ein, womit sie deren Fruchtbarkeit steigern. Sie helfen bei der Verbreitung von Samen und leben nicht selten in Symbiose mit bestimmten Pflanzen, die sie beschützen. Sie dienen anderen Tieren als wertvolle Nahrung, vor allem vielen Vogelarten, aber auch einigen Säugetieren. Sie entfernen Aas und halten die Populationen anderer Arten im Gleichgewicht. Nicht zuletzt bieten sie, gewollt oder ungewollt, zahlreichen sogenannten „Ameisengästen“ einen sicheren Platz in ihren Nestern und sichern so deren Entwicklung und Überleben.

Wie sich ein Ameisenstaat aufbaut

So wie es eine Vielzahl an verschiedenen Lebensweisen bei Ameisen gibt, so existieren auch unzählige Mechanismen des Staatenaufbaus unter diesen, die sich über die Jahrmillionen entwickelt haben. Auch hier sind manche Arten auf einem urtümlichen Stand geblieben, andere wiederum haben sich massiv weiterentwickelt.

Bei den meisten Ameisenarten gibt es aber eine klar unterteilte Kastenteilung, man nennt dies Kastendetermination. Die beiden Kasten bei Ameisen bilden sich aus fruchtbaren Königinnen, sowie meist unfruchtbaren Arbeiterinnen. Diese Weibchen stellen das Gros einer Kolonie dar. Die Männchen stellen keine eigene Kaste dar, auch wenn sie manchmal so gehandhabt werden.

Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Ameisen eine lange Entwicklung hinter sich haben – und einige Ameisenarten sind „moderner“, andere eher „urtümlich“. Entsprechend sind viele Systeme nebeneinander bestehen geblieben.

Diejenigen Tiere mit der typischen Königinnengestalt, die sogenannten Vollweibchen oder Gynomorphen, schlüpfen mit Flügeln aus ihrem Kokon und werfen diese im Normalfall nach dem Schwarmflug ab. Sie können sich von den Arbeiterinnen in ihrer Körpergröße massiv unterscheiden und sind oft ungleich größer. Die Flugmuskulatur benötigt einigen Platz, weswegen der Thorax oft nach oben massiv vergrößert ist – man spricht von sogenannten Königinnenbuckel. Auch die Gaster ist bei diesen Königinnen meist weitaus opulenter, als bei den Arbeiterinnen, da die notwendigen Organe zur Eiablage entsprechend stark ausgebildet sind. Die Keimdrüsen sind bei diesen Vollweibchen also voll entwickelt, sie können Eier legen und diese befruchten. Daneben gibt es auch Königinnen mit Arbeiterinnengestalt, sogenannte Ergatomorhen, teils mit nur schwach ausgebildeten Keimdrüsen, sowie Intermorphen, was anatomisch eine Zwischenform ist. Diese Königinnen haben keine Flügel, aber voll entwickelte Keimdrüsen.

Die Arbeiterinnen unterteilt man weiter, man nennt dies Unterkasten. Man liest hier oft die Begriffe Minor-, Media- und Majorarbeiterinnen, sowie die spezielle Unterkaste der Soldatinnen, die massiv vergrößerte Köpfe aufweisen. Diese Unterkasten unterscheiden sich nicht nur teils massiv in ihrem Äußeren, v.a. in ihrer Größe, sondern oft auch in ihrer Funktion im Ameisenstaat.

Aber wie ist das denn nun genau? Wie bildet sich eine neue Kolonie? Warum überhaupt? Im Prinzip kann man sagen, dass die Neugründung einer Kolonie reines Glücksspiel ist. Ist eine bestehende Kolonie nach einigen Jahren groß genug geworden und hat daher überhaupt die Kapazitäten, die ressourcenintensiven Geschlechtstiere aufzuziehen, dann beschließt sie instinktiv, dass es Zeit wird für eine neue Generation von Geschlechtstieren. Ein Teil der Larven wird mit einem speziell angereicherten Nahrungsbrei und besonders proteinreich gefüttert und entwickelt sich nur deswegen zu Jungköniginnen. Nebenher werden von den Kolonien auch Männchen ausgebildet, die aus unbefruchteten Eiern schlüpfen.

Nun beginnt das lange Warten auf die richtige Zeit für den Schwarmflug. Bei den meisten einheimischen Arten liegt diese Zeit hauptsächlich zwischen Juni und September, manche Formica-Arten schwärmen hingegen schon weitaus früher, ab April. Zu diesem Zeitpunkt – und aus immer noch ungeklärten Gründen über ganze Regionen synchron – erblicken die Jungköniginnen und Männchen, begleitet von zahlreichen Arbeiterinnen, aufgeregt zum ersten und auch meist zum letzten Mal in ihrem Leben das Tageslicht. Die Jungköniginnen starten zum Hochzeitsflug und werden im Laufe dessen von zahllosen Männchen anderer Kolonien verfolgt. Die Kopulation erfolgt dann in der Luft, wobei eine Jungkönigin von einem oder mehreren Männchen begattet werden kann. Wenn das Treiben zu Ende geht, landen die nun begatteten Königinnen auf dem Boden und brechen sich alsbald ihre nun nutzlos gewordenen Flügel ab. Die Männchen sind zum Tode verurteilt, sie sterben innerhalb einiger Stunden bis Tage. Nur ein Teil von ihnen hat es geschafft, seine Gene weiterzugeben. Sollten sie zu ihrer Heimatkolonie zurückkehren, dann würde sich eine Schar Arbeiterinnen auf sie stürzen und sie töten, da sie als Eindringlinge betrachtet würden. Es würde mehr „kosten“, die arbeitsuntüchtigen Männchen bis ins nächste Jahr zu „schleppen“, als gleich neue zu produzieren – eine grausame Gleichung der Wirtschaftlichkeit. Es gibt daneben auch Arten, bei denen die Kopulation am Boden erfolgt und solche, bei denen sich die Geschlechtstiere inzestuös im eigenen Nest verpaaren. Der Mechanismus des Schwarmflugs ist jedoch der weitaus häufigere und ermöglicht es, das eigene Genmaterial auch über weitere Strecken in neue Regionen zu verbreiten.
Die Königinnen landen nach dem Schwarmflug und beginnen die Flügel abzustreifen. Dieser Prozess dauert wenige Sekunden, manchmal auch einige Minuten, wenn sich die Flügel als widerspenstig erweisen. Sind die nun nutzlos gewordenen Flügel erst einmal entfernt, beginnen die Jungköniginnen damit, eine günstige Nistgelegenheit zu suchen. Nun wird auch klar, warum diese Massen an Jungköniginnen produziert wurden. Den meisten ergeht es nicht besser als ihren männlichen Artgenossen. Manch eine landet im Wasser und ertrinkt, der Großteil wird jedoch von Fressfeinden während des Flugs erspäht und dient diesen als wertvolle Mahlzeit, da sie reich mit Nahrungsreserven für die vor ihnen liegende Zeit bepackt sind. Gerade andere Ameisenkolonien stellen ebenfalls eine große Gefahr für die nach einem guten Nistplatz suchenden Jungköniginnen dar – und viele passende Orte sind nicht ohne Grund bereits von einer anderen Kolonie belegt.

Arbeiterinnen beim Fouragieren. Quelle: Prabir Kashyap, Unsplash.com

Einige wenige junge Königinnen schaffen es jedoch tatsächlich, einen Unterschlupf zu finden und beginnen dort mit der Eiablage. Diese Gründungsphase, die mehrere Monate dauern kann, unterscheidet sich von Art zu Art. Während der Großteil der heimischen Ameisenarten ohne jegliche Nahrungszufuhr von ihren Reserven – hauptsächlich von Fett – lebt (claustrale Gründung), gehen andere Königinnen auf die Jagd (semi-claustrale Gründung). Dies verschafft ihnen den Vorteil, nicht in Zeitnot zu geraten, wenn ihnen die Nahrungsreserven ausgehen, stellt jedoch eine große Gefahr für das eigene Leben dar. Eine kleine Anzahl von Arten lebt in dieser Gründungszeit sozialparasitisch bei anderen Ameisenarten und tötet deren Königin bzw. sucht gezielt bereits weisellose Kolonien.
Die Wirtskolonie kümmert sich um die fremde Brut genauso wie um ihre eigene, stirbt jedoch auf Grund der fehlenden Produktionsquelle neuer Koloniemitglieder der eigenen Art nach und nach aus. Übrig bleibt die eigentlich fremde, parasitäre Königin mit ihren Nachkommen, die sich während dieser Zeit prächtig entwickeln können.

Wieder andere Jungköniginnen werden von einer artgleichen oder der Heimatkolonie adoptiert oder es spaltet sich einfach ein Teil des Heimatvolks ab und gründet mit der Jungkönigin eine neue Kolonie.

Die claustral gründenden Königinnen leben hingegen unter dem ständigen Druck, die erste Arbeiterin vor der Erschöpfung ihrer Reserven aufziehen zu müssen, was manch einer nicht gelingt, wenn die Bedingungen für die Brut schlecht sind. Im Gesamten betrachtet sterben ca. 99% (!) der Königinnen, bevor ihnen eine Arbeiterin zur Versorgung zur Seite steht, die meisten davon schon beim Schwarmflug. Sobald die Gründung erfolgreich abgeschlossen wurde, ist das Gröbste für den Anfang überstanden, denn die jungen Arbeiterinnen machen sich sogleich auf Nahrungssuche und kümmern sich um die Königin, die Brut und um den Nestaufbau.

Über die Jahre kann eine Ameisenkolonie sehr groß werden. Bei Arten wie den Blattschneiderameisen, aber auch bei unseren heimischen Waldameisen, kann sie bis zu ein paar Millionen Individuen umfassen. Bei anderen Arten vielleicht nur wenige Hundert oder gar nur ein Dutzend, das in einer ausgehöhlten Nussschale lebt. Zu bedenken ist dabei, dass diese Nachkommen meist nur die Nachfahren einer einzigen Königin sind (bei monogynen Arten), die älter werden kann, als so manch ein Säugetier. Der Rekord liegt momentan bei ca. 29 Jahren, erreicht durch eine Lasius niger Gyne. Es ist bis heute nicht bekannt, wie die Königinnen es schaffen, die Spermien über all die Jahre hinweg zu konservieren. Diese befinden sich in einer speziellen dafür vorgesehenen „Bauchtasche“ und werden einzeln zu den Eiern geleitet, um diese zu befruchten. Wofür der Mensch eiskalte Behälter benötigt, hat die Natur ein Instrument geschaffen, das perfekter nicht sein könnte.

Aus den Puppen können je nach Pflege verschiedene Arten der Imagines schlüpfen. Normalerweise sind dies Arbeiterinnen, die jedoch unterschiedlichen Unterkasten angehören können, welche sich in Größe und Aufgabenbereich unterscheiden. Es existieren die Minor-, Media- und die Majorkaste, wobei auch Mischformen auftreten können (Polymorphismus), oder nur eine einzige Form der Arbeiterinnen (Monomorphismus). Dabei dient die größte Kaste normalerweise als Schutzeinheit und bei einigen Arten bildet diese Gruppe stark vergrößerte Köpfe aus. Mit riesigen Muskeln, die in die Mandibeln münden und mit einem winzigen Gehirn bestückt, dienen diese „Soldatinnen“ dann dem Schutz der Kolonie, wobei sie auch als Zerkleinerer von Nahrung wie Körnern oder Insekten mit harter Chitin-Schale zur Aufgabe haben. Daher ist der Begriff „Soldat“ auch eher irreführend und nicht immer zutreffend. Soldaten entwickeln sich manchmal auch erst bei bestimmten Umweltkonditionen, wie hoher Temperatur und besonders viel Proteinnahrung. Zusätzlich zu den Arbeiterinnen können aus den Puppen weibliche und männliche Geschlechtstiere schlüpfen. Auch hier (v.a. bei den weiblichen Geschlechtstieren) spielt die Ernährung der entsprechenden Larven die entscheidende Rolle. Zu vergleichen ist dies mit dem „Gelee Royal“ bei den Bienen. Aus unbefruchteten Eiern schlüpfen nach der Gesamtentwicklung ausschließlich Männchen. Die begatteten Königinnen sind die einzigen Mitglieder der Kolonie, die für Nachwuchs sorgen können. Mit einem chemischen Stoff unterdrücken sie die Fruchtbarkeit der Arbeiterinnen. Dies geschieht aus purem „Eigennutz“: Somit sind sie die einzigen, die ihre Gene weitergeben können. Aber auch die Arbeiterinnen gehen nicht leer aus: Für sie bedeutet die Aufzucht von „Schwestern“ eine Weitergabe ihrer eigenen Genen zu 75%. Bei eigenem Nachwuchs wären es bekanntlich nur 50%. Wenn die Königin stirbt, kann es in Folge dessen bei manchen Arten zu Konflikten unter denjenigen Arbeiterinnen kommen, die möglicherweise fruchtbar werden und von denen sich am Ende wiederum eine durchsetzen kann, die neue Königin zu werden. Man nennt diese dann Ergatogyne. Sie bleibt äußerlich eine Arbeiterin, kann aber Eier legen und diese – nachdem sie im Normalfall im selben Nest inzestuös begattet wurde – befruchten.

Formica sanguinea Königin auf einem Stück morschem Holz

Warum aber bildet sich nun eine neue Kolonie? Die Frage ist recht einfach zu beantworten. Bei einer ständigen Rückintegration von Jungköniginnen in die alte Kolonie würde diese bald riesige Ausmaße annehmen und Nahrungsquellen und der Nistplatz würden gegebenenfalls nicht mehr ausreichen. Es macht also Sinn, einen ganz neuen Standort zu besiedeln, der nicht in Konflikt mit der Ursprungskolonie steht. Dennoch kommt es durchaus vor, dass adoptierte Königinnen ein Zweignest bilden, das mit dem Ursprungsnest weiterhin verbunden ist. Sie vergrößern also mit einem Teil der Arbeiterinnen das Territorium einer Kolonie mit einem neuen, weiteren Neststandort. So kann es durchaus zu Zusammenschlüsse aus einer Vielzahl an Kolonien kommen. Diese Superkolonien, die teils Quadratkilometer große Bereiche in Anspruch nehmen, beobachtet mal vor allem bei stark invasiven Ameisenarten.

Das schwächste Glied einer Kolonie ist sicherlich – wenn man von den Männchen absieht – die Brut, denn diese kann sich nicht selbst versorgen. Sie ist auf die Zuwendung durch Arbeiterinnen dringend angewiesen. Die Eier müssen ständig befeuchtet („beleckt“) werden und die Larven haben einen hohen Bedarf an Proteinen, um zu wachsen und sich schließlich nach einigen Häutungen in das letzte Brutstadium zu begeben. In dieser Phase liegen sie dann bewegungslos entweder in einem Kokon oder als Nacktpuppe in einer Kammer und unter der Befeuchtung und Säuberung der Arbeiterinnen entwickelt sich nach und nach die Imago. Der Kokon wird hierbei von der Larve selbst produziert. In der „Labialdrüse“ am Kopf der Larve entsteht bei Kokonpuppen ein seidenartiges Sekret, das sie anschließend um sich selbst wickelt. Bei Nacktpuppen wird das sich entwickelnde Tier von einer hauchdünnen Schicht umwickelt. Die Gesamtentwicklung kann je nach Art (insbesondere auf die Größe bezogen) und Bedingungen bis zu drei Monate dauern.

Eine Kolonie kann bisweilen unendlich alt werden, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Bei monogynen Kolonien ist das Schicksal mit dem Tod der Königin besiegelt. Eine Ausnahme wäre es, von außen einzugreifen und der Kolonie eine neue Gyne zur Verfügung zu stellen, was jedoch nur in der Ameisenhaltung/im Labor und auch dort oft nicht möglich ist. Die Arbeiterinnen sterben nach ihrem natürlichen Lebensrhythmus und mit der letzten der gesamte Ameisenstaat – das Ende einer Erfolgsgeschichte. Manchmal gibt es jedoch eine neue Hoffnung: Polygyne Kolonien oder solche, die Jungköniginnen adoptieren, haben die Möglichkeit, den Ausfall einer oder mehrerer Königinnen auszugleichen und schaffen damit die Basis für eine Beständigkeit, die im Tierreich selten erreicht wird.

Anatomie einer Ameise am Beispiel einer Formica rufa Arbeiterin

Anatomie einer Ameise

Ameisen können uns fremdartig erscheinen, denn an ihrem Körper sind viele Dinge sehr viel anders, als beim menschlichen. Statt einem Mund haben sie Mandibeln und Tastlippen, statt zweien ganze sechs Beine, sie riechen mit den Fühlern und ihre Augen sind eigentlich viele Augen, die zusammengeschaltet sind.

Das alles hilft Ameisen dabei, unheimlich effizient zu sein. Sie sind meist sehr schnell, können oft sehr gut klettern, sie nehmen feinste Duftspuren wahr und können sogar polarisiertes Licht sehen. Das ist schwer zu erklären, da wir Menschen dies nicht können. Ameisen sehen die Schwingungsrichtung von Lichtstrahlen, können sich also am Sonnenstand orientieren, selbst wenn die Sonne selbst nicht sichtbar ist.

Klicke gern auf das Bild, um die einen besseren Überblick zu verschaffen.

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